Als Ergänzung zur unvollständigen Berichterstattung in der Tageszeitung «Der Bund» vom 20. März 2018 über den internen Entwurf zur Sozialhilfeverordnung.
Interviewfragen schriftlich gestellt von Basil Weingartner, Redaktor, Der Bund, 19. März 2018, Beantwortet von RR Pierre Alain Schnegg, Direktor der Gesundheits- und Fürsorgedirektion Kanton Bern, z.Hd. des Redaktors am 19. März 2018.
Einleitung:
Bisher war im Rahmen der Sozialhilfeteilrevision stets wie folgt aufgegleist und verkauft (im RR-Vortrag ebenso wie Sie persönlich in vielen Aussagen): Der Grundbedarf wird gekürzt, die Anreizleistungen erhöht. So sollten die Personen zur Integration animiert werden; wer sich integriert sollte zudem gemäss Ihren Aussagen unter dem Strich nicht weniger Geld erhalten als bisher. Doch im Entwurf zur Sozialhilfeverordnung weichen Sie davon ab.
Antwort RR Pierre Alain Schnegg:
Beim Entwurf der revidierten Sozialhilfeverordnung handelt es sich um eine verwaltungsinterne Fassung, die der Gesundheits- und Sozialkommission GSoK auf ihren Wunsch von der GEF übermittelt wurde. Nach Beratung in der GSoK Anfang Februar wird die Verordnung nochmals überarbeitet. Im Sommer soll die ordentliche Vernehmlassung dazu durchgeführt werden.
Frage:
Was sind die Gründe dafür?
Antwort RR Pierre Alain Schnegg:
Die Erhöhung der Anreizleistungen ist nach wie vor Teil der Vorlage. So sollen die Integrationszulagen von heute max. CHF 100 auf neu max. CHF 300 erhöht werden. Auch beim Einkommensfreibetrag wird es teilweise zu Erhöhungen kommen, teilweise aber auch zu Kürzungen. Mit dem neuen System wird der Einkommensfreibetrag bis zu CHF 600 betragen, wie es auch heute schon der Fall ist. Mit der neuen Verordnung werden für Lernende besondere Ansätze von CHF 200 bzw. ab dem dritten Lehrjahr CHF 300 festgelegt. Grund für die Anpassungen sind die Entscheide des Grossen Rates anlässlich der ersten Lesung des Gesetzes in der Novembersession. Ein Antrag Brönnimann zur Rückweisung von Art. 31e (Integrationszulagen und Einkommensfreibeträge) wurde sehr deutlich mit 114:18 Stimmen an die Kommission zurückgewiesen. Diesem Entscheid gilt es nun, bei der weiteren Bearbeitung der Vorlage Rechnung zu tragen.
Frage:
Sind die Integrationsziele so noch erreichbar?
Antwort RR Pierre Alain Schnegg:
Ja, diese sind nach wie vor erreichbar, durch die Gesamtheit der Massnahmen nach dem neuen SHG.
Frage:
Als Grund für die Teilrevision verwiesen sie stets auf die “Motion Studer”. Diese sah eine Grundleistungskürzung – aber auch eine Erhöhung der Anreizleistungen explizit vor. Bleibt die Motion unerfüllt?
Antwort RR Pierre Alain Schnegg:
Bezüglich der Integrationszulagen verlangte die Motion Studer eine Kürzung auf 90 % der Ansätze gemäss SKOS. Mit der Ansetzung der Integrationszulagen auf max. CHF 300, wie von der SKOS empfohlen, wird dieser Punkt der Motion nicht umgesetzt, aber in die andere als von Ihnen postulierte Richtung. Wir sind grosszügiger als die Motion Studer. Mit der Erhöhung dieser Integrationszulagen von heute CHF 100 auf neu CHF 300 findet die Erhöhung der Anreizleistung statt.
Frage:
Seit Januar 2017 wird über das Gesetz diskutiert. Nun weichen Sie in zentralen Punkten von der kommende Woche traktandierten Vorlage ab. Sind Sie bereit nun Transparenz herzustellen?
Antwort RR Pierre Alain Schnegg
Von der kommenden Woche traktandierten Vorlage weiche ich in keiner Art und Weise ab. Ich setze diese buchstabengetreu gemäss dem Beschluss des Grossen Rates in der Novembersession um.
Frage:
Weshalb wird nicht die gesamte Verordnung auf einmal in die Vernehmlassung geschickt?
Antwort RR Pierre Alain Schnegg:
Die Vernehmlassung wird diesen Sommer stattfinden. Bisher haben wir lediglich der Gesundheits- und Sozialkommission des Grossen Rates einen GEF-internen Vorentwurf übermittelt. Bedauerlicherweise wurde das Kommissionsgeheimnis nicht eingehalten, was die Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament erschwert.