Als Folge der Einführung eines Mindestlohns im Kanton Neuenburg wird nun auch im Kanton Bern über die Vor- und Nachteile einer solchen Regelung diskutiert.
Als Unternehmer, der in der Schweiz und in Frankreich Personal angestellt hatte, kenne ich sowohl unser System ohne Mindestlohn als auch das französische Recht mit Mindestlohn aus eigener Erfahrung sehr gut.
Nach meiner Überzeugung ist es zuerst in der Verantwortung der Unternehmungen, angemessene Löhne zu bezahlen. Es ist ein Zeichen von Respekt gegenüber den Angestellten, ihnen möglichst gute Löhne zu bezahlen. Diese Löhne sind aber immer von der Produktivität der Stelle und von der Art der Tätigkeit abhängig.
Mit dem Verbot, eine bestimmte Lohnschwelle zu unterschreiten, verunmöglicht der Staat Anstellungen im Tieflohnbereich. Mindestlöhne verkomplizieren den Arbeitsmarkt weiter und erschweren es den Unternehmungen, in immer schwieriger werdenden Märkten Erfolg zu haben.
Mit Mindestlöhnen wird ausserdem der Wirtschaft gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass jede Tätigkeit, die keine Entlöhnung auf dem geforderten Niveau ermöglicht, ins Ausland verschoben werden muss.
Wesentliches Element des Erfolgsmodells Schweiz ist der Dialog zwischen den Sozialpartnern. Dieser Dialog darf nicht durch immer weitere Vorschriften in Frage gestellt werden. Deshalb sind Mindestlöhne, falls überhaupt nötig, Sache von Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern einer Branche.
Ein Blick auf Länder mit Mindestlöhnen – Frankreich kenne ich besonders gut – zeigt, dass dort mehr und mehr Arbeitgeber nur noch den Mindestlohn bezahlen. Dem Gesetz ist damit Genüge getan, auch wenn dieses Verhalten unerwünscht ist. Aus der Absicht, tiefe Löhne zu verhindern, folgt das Gegenteil, nämlich eine Nivellierung der Löhne nach unten.
Die Einführung von Mindestlöhnen ist gut gemeint, hat aber über alles gesehen mehr negative als positive Auswirkungen. Ich werde mich deshalb dafür einsetzen, dass der freie Arbeitsmarkt im Kanton Bern nicht durch Mindestlöhne eingeschränkt wird.